Radio Temeswar

"Sold Out" bei Eurothalia in Temeswar

Das interkulturelle Theaterfestival „Eurothalia“ in Temeswar startete am Samstag, dem 13. November. Die 2.te Auflage des Theater-Festivals umfasst Inszenierungen einiger der meistgeschätzten rumänischen und internationalen Regisseure sowie Gastspiele aus dem Ausland. Das erste Stueck spielte das Ensemble der  Münchner Kammerspielen. Gianina Carbunarius Dokumentations-Theater-Stück „Sold out” über den Ausverkauf der Deutschen und Juden aus Rumänien während des kommunistischen Regimes vorgeführt. Was die 33-jährige rumänische Regiseurin bei ihren Recherchen erfuhr und wieso sie sich für dieses Thema interessierte, verriet sie unserer Kollegin Astrid Weisz.

Ich wollte nicht unbedingt eine Vorstelung daraus machen. Das Thema hat mich interessiert und ich habe angefangen rechts und links herumzufragen. Ich ahbe einen Artikel von Ernst Meinhardt gelesen, der in einer rumänischen Zeitung erschienen ist, und ich hab angefangen mich zu diesem Thema zu dokumentieren.Was für mich aber neben den Summen und Zahlen interessiert hat waren die Geschichten, die Lebensgeschichten. Und es gibt ein Problem mit diesem Lebensgeschichten, denn diese Generationen werden verschwinden und hinterlassen in unserer Geschichte einen leeren Platz. Nach einiger Zeit wurde ich von den Münchner Kammerspielen eingeladen ein Projekt vorzuschlagen und davon profitierend habe ich das gemacht was mich interessierte: ich ahbe diese Menschen kennengelernt.

Die Dokumentation hat in 2 Etappen stattgefunden. In der ersten habe ich Herrn Meinhard kontaktiert und auch andere Personen, die sich mit dem Thema befassen und habe einpaar Treffen vereinbart jedoch wollten die Menschen zunächst nichts sagen, wirklich nichts. Und dann sind wir an die Sache Schritt für Schritt herangegangen und in den ersten 2 Wochen vor einem Jahr im Sommer habe ich es geschaft von dem einen und den anderen von Personen zu erfahren, die kein problem hatten darüber zu sprechen. Wir haben in der Zeitung inseriert und als ich im Herbst eine zweites mal hinfuhr gab es schon mehrere Personen die so freundlich waren sich mt uns zu unterhalten.

Am meisten haben mcih aber ihre geschichten interessiert. Die Geschichten der Menschen, die in dieser Zwickmühle ausharren mussten, normale Menschen so wie du und ich. Die geschichten ähneln sich natürlich sehr, aber die Art wie das Geld nach Rumänien kam, wie man die Zwischenmänner fand, die das Geld nahmen und die Reisedokumente vermittelten sind von Fall zu Fall unterschiedlich. Die persönliche Beziehung zu diesem Menschen ist ganz unterschiedlich. Die extremen sind von dem einmaligen nächtlichen Treffen auf dem Feld: man überreicht das Geld und der Typ verschwindet. Und es war eine Menge Geld, das von Verwandten aus dem Ausland stammte, denn hier hätte man fremde Währung nirgends auftreiben können. Und dann gab man dieses Geld an Mittelmännern, deren Gesicht man gar nicht kannte.

In der anderen Extreme: regelmäßige treffen bei dem Zwischenmann oder von dem bei der Familie. Es entstand fast eine Beziehung, gegebenenfalls, wenn man sich über ein Jahr gegenseitg besuchte.Diese Bezihung fand ich auch sehr interessant. Alles war irgendwie geheim. In beiden Fällen waren die Treffen für die Auswanderer sehr unangenehm, erniedrigend. Diese Menschen mussten zahlen, kamen in Deutschland an und fingen nicht bei Null sondern bei Minus an denn sie mussten das Geld zurück zahlen.

Das ganze Warten ist eine unglaubliche Erfahrung. Es hat Fälle gegeben wo die Menschen ihre Papiere in den 60er Jahren eingereicht haben und erst 88 die Ausreisedokumente bekommen haben. Es ist unglaublich wie man so leben konnte, 28 Jahre wartend – viele erzählten, dass sie sich gar nicht mehr Sachem im Haus kauften, weil sie sich sagen – wir gehen ja gleich, wir gehen bald. Aber immer auf dem sprung seiend ging das Leben an ihnen vorbei.

Für Gianina Carbunariu war das Thema des Freikaufs der Deutschen und Juden während des kommunistischen Regimes deshalb so wichtig, weil es ein Teil der rumänischen Geschichte zugleich ist. Und weil die Menschen die damals illegal Gelder kassierten heute sorgenlos in Freiheit leben.

Während ich mit den Leuten sprach sagten viele Ich nenne den Zwischenmann nciht, denn er lebt heute noch in Temeswar und es geht ihm sehr gut da. Das finde ich wichtig, dass es sich hier nicht um die Vergangenheit handelt sondern um die Gegenwart, diese Menschen sind jetzt auf wichtigen Posten und wahrscheinlich wollen die Leute deshalb nicht darüber reden oder fürchten sich davor.Denn bei ihren Rumänienbesuchten sehen sie diese Leute auf der Straße und sehen dass ihnen nix geschehen ist...

Neben diesen Themen Veranschaulicht Gianina Carbunaruius Stück aber auch viele Klischees der Regimes und eine vielzahl von Details die den paranoischen Alltag der Menschen zeigt, die verfolgt werden und in der man nicht auf der Straße bespricht was im Haus geredet wird. Wieso über diesen Teil der jüngsten Geschichte der Ausgewanderten Deutschen wenig gesprochen wird hängt auch damit zusammen, dass es keine handfesten Beweise für die Transaktionen gibt, weder für jede auf Staatsebene noch für die privaten Zuschüsse von zigtausenden DM. Wieso macht dann aber eine Rumänin ein Stück über die Deutschen und nicht sie selbst? Abgeordneter der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament Ovidiu Gant erklärt.


11.17. Sold out  


 Bericht: Astrid Weisz, Foto: DSTT, Temeswar, 17.11.2010
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