Die Plattenspieler stehen still, die CDs liegen auf den Regalen. DJs: Fehlanzeige. Dafür stehen jetzt Gitarren im Vordergrund. Der Bassist fällt durch rhythmisches Schulterzucken auf. Der Gitarrist spitzt die Lippen. Der Sänger beugt sich alle zwei Lieder zum Mikrophon, um seine Brille besser auf die Nase zu rücken. Dabei schließt er die Augen. Jeder hat seinen eigenen Stil, wie er die Musik fühlt. Trotz einiger Macken: Die Musik klingt harmonisch. Die drei kennen sich seit längerer Zeit, alle drei „Musikfanatiker“. Einen Namen für die Band haben sie nicht, sie treffen sich sporadisch, um zu üben, ansonsten treffen sie sich direkt auf der Bühne. Sie haben Jobs, können also nicht sehr oft Stücke einstudieren.
„Das Schlimmste für einen Musiker ist nicht unbedingt, ausgebuht zu werden, sondern zu merken, dass er das Publikum nicht anspricht oder dass dieses gar nicht an der Musik interessiert ist“, sagt Borbely Szilard, Schlagzeuger der Band „Quo Vadis“, die für die Temeswarer schon aus den 90er Jahren ein Begriff ist. „Am Anfang sind alle begeistert, wollen beim Tragen der Lautsprecher und Instrumente mithelfen. Nach dem Konzert jedoch, nachdem sie ein paar Bier gezischt haben, sind sie für das Abmontieren nicht mehr verfügbar“, so Borbely. „Man sollte also professionell vorgehen und sich Leute anheuern, die das Tragen übernehmen“, fügt der Schlagzeuger hinzu. Wie Borbely meint, wird man durch Musizieren nicht reich. Jedenfalls nicht in Rumänien. Sie bekommen für einen Abend höchstens zweihundert Euro pro Person, sehr oft geben sie inzwischen keine Konzerte mehr.
Barbesitzer setzen immer mehr auf junge Künstler. Das „Barmusizieren“ könnte als eine Startrampe für diese angesehen werde. Im Westen ist es eine Selbstverständlichkeit, viele international bekannte Musiker haben ihre Karriere in Bars gestartet. In London geht man noch weiter: Nicht nur die Bars, sondern auch öffentliche Plätze werden als „Bühne“ für angehende Musiker verwendet. Schlagzeuger, Gitarrenspieler und andere Künstler ziehen die Spaziergänger – zumindest für ein paar Augenblicke – an.
Junge Musiker sind außerdem für Inhaber der Etablissements eine billigere Alternative. Diese bekommen für einen Konzertabend an die 100 Lei pro Person. Meist werden Stücke aus internationalem Repertoire gesungen, die das Publikum im Allgemeinen schon kennt, es werden jedoch im Laufe eines „Live-Abends“ auch Eigenstücke vorgespielt. Für die Musiker ist es auch ein Test, wie ihre Eigenkreationen beim Publikum ankommen.
Für viele erfreulich auch der Wechsel der Musikstilrichtung. Falls bis vor einigen Jahren die sogenannten „Manele“ – von einigen als subkulturelles Musikphänomen, das aus orientalischem Rhythmus mit etwas fragwürdigen Texten kombiniert - aus den Lautsprechern ertönten, sind diese nun kaum noch wahrnehmbar.
Erfreulich für die Besucher ist auch die Tatsache, dass meist kein Eintrittsgeld verlangt wird. In der Wirtschaftskrise, und da das Temeswarer Publikum als eher prätentiös bezeichnet werden kann, könnte die Livemusik als profitabel bezeichnet werden. Lieber ein volles Haus, in dem man richtig bechert, als ein Lokal mit nur wenig Kunden und Radiomusik im Hintergrund. Da geben die Inhaber der Bars schon mal lieber ein paar hundert Lei für die Musiker aus.
Olivian Ieremiciu, Temeswar, 27. Januar 2010 |