Banater Zeitung

Remember Kamo

„Mercy“ hatte er immer nach einer Applauswelle ins Mikro gesagt, und in seinen Worten steckte tatsächlich mehr als nur ein „Dankeschön“. Es war vielleicht auch eine Bitte um Gnade, doch dem Publikum galten seine Worte wohl kaum. Denn als Béla Kamocsa zur Gitarre griff und spielte, brauchte er keines Hörers Erbarmen. Er spielte und das Publikum genoss atemlos seine Songs. „Nun spielt Kamo dort oben bei den Engeln“, sagte Johnny Bota, Bass-Spieler der Bega-Blues-Band und langjähriger Freund von Béla Kamocsa, letzten Donnerstag im Club 30. Hier fand unter dem Motto „Remember Kamo“ ein Tribut-Konzert für den verstorbenen Gitarrenspieler statt.

Freunde von Béla Kamocsa, aber auch Menschen, die seine Musik gekannt und geliebt haben, trafen sich im Club 30 im Zentrum von Temeswar/Timisoara, um das Konzert zu genießen. Zu den Musikern, die auftraten, zählten Ilie Stepan, Horea Crisovan, Johnny Bota, Lica Dolga, Àrpád Kajtar, Mirela Iacob, Lucian Nagy, Tavi Scurtu und Dan Mitrofan. Auch Stadtpersönlichkeiten waren dabei: Philharmonie-Direktor Ioan Coriolan Gârboni, Vizerbürgermeister Adrian Orza, Radio-Campus-Direktor Marius Giura u.a. Anwesend war auch der Leiter des Rumänischen Kulturinstituts in Lissabon, der Jazzkritiker Virgil Mihaiu, den seit vielen Jahren eine besondere Freundschaft mit der Temeswarer Bega Blues Band verbindet. „Temeswar ist ein Ort der kulturellen Dichte und menschlichen Solidarität. Béla Kamocsa war ein Katalysator der Events und war mit allen befreundet“, sagte Virgil Mihaiu.
Die Familienmitglieder von Béla Kamocsa konnten nicht dabei sein, für Kamos Frau Mariana sei noch nicht der Moment gekommen, dass sie zu Konzerten geht, teilte Johnny Bota dem Publikum mit.
Den Konzertabend eröffneten Ilie Stepan und Horia Cri{ovan. Auf der Gitarre spielten sie Songs, die das Publikum in eine melancholische Stimmung versetzten. Der Anfang war soft, doch auch der Abend noch jung: Es folgten die Absolventen der Jazz-Uni in Temeswar, die mit „Mercy, Mercy, Mercy” – die Lieblingsworte ihres ehemaligen Lehrers - ihr Repertoire begannen. „Wir wissen, dass Kamo nicht nur den Blues, sondern auch den Jazz geliebt hat”, sagte Arpad Kajtar. Mit komplizierten Jazz-Stücken verzauberten sie die Hörerschaft. Es folgten Lica Dolga (Schlagzeug) und Johnny Bota (Bass), zu denen sich Toni Kühn (Gitarre) gesellte.
Es war ein Konzertabend, der mehr als drei Stunden dauerte. Jeder der Musiker hielt sich an den letzten Wunsch seines verstorbenen Freundes und gab sein Talent zum Besten. Während der Auftritte liefen im Hintergrund Bilder und Filme von den Auftritten von Béla Kamocsa.
Béla Kamocsa (24. Dezember 1944 Großwardein/Oradea – 14. Januar 2010 Temeswar) war einer der Mitbegründer der berühmten rumänischen Rockband Phoenix. Zusammen mit Bassspieler Johnny Bota rief er die Temeswarer Bega Blues Band ins Leben. 2007 wurde er für seinen bedeutenden Beitrag zum Musikleben der Stadt Temeswar zum Ehrenbürger ernannt. Er rief die Temeswarer Blues-Jazz-Gala, das Jimbo-Blues-Festival in Hatzfeld/Jimbolia und das Lugoscher Jazzfestival ins Leben. Sein letztes Konzert war im November 2009 auf der Blues-Jazz-Gala in Temeswar. Damals schon wusste er von seiner Krankheit (er litt an Krebs), ließ jedoch nichts davon erkennen. Die Blues-Jazz-Gala, die in diesem Herbst in Temeswar stattfinden wird, soll Béla Kamocsa gewidmet sein.
Der Musiker hatte seit einigen Monaten an einem autobiographischen Buch gearbeitet. Die Arbeit übernahm nach seinem Tod sein Enkel aus den USA. Das Buch wird voraussichtlich Ende des Jahres erscheinen. Die Einnahmen des Club 30 am Donnerstagabend wurden dem Enkel des verstorbenen Musikers gespendet, zur Finanzierung des Buchs. Der Enduromania-Erfindet und Veranstalter Sergiu Moraru, der mit Béla Kamocsa befreundet war,  richtete eine Internetseite mit Bildern des verstorbenen Musikers ein: Auf http://kamo.enduromania.net können alte Fotos von Kamo besichtigt werden.

 Raluca Nelepcu, Temeswar, 27. Januar 2010
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