Die Temeswarer Stadtkapelle vertrat auch in diesem Jahr Rumänien bei der Europameisterschaft für böhmisch-mährische Blasmusik. Die diesjährige 16. Auflage fand Mitte Mai in Kerkrade in den Niederlanden statt. Daran beteiligten sich 17 Kapellen aus 5 Ländern, die in drei Kategorien gegeneinander antraten. Die Temeswarer gewannen den 3. Platz in der Höchststufe für Profimusiker. Für das Orchester des Temeswarer Kulturhauses war das die bereits dritte Beteiligung an diesem europäischen Blasmusik-Contest. Unterwegs nach Holland machten die Musiker einen Abstecher bei den Banater Schwaben in Deutschland. Adi Ardelean begleitete die Band auf ihrer Torunee.
Erste Station der Reise war Pforzheim in Baden-Württemberg nahe von Stuttgart. Die Temeswarer Stadtkapelle pflegt seit fast 10 Jahren eine Partnerschaft mit dem Musikverein Eutingen. Das Bindeglied zwischen den beiden ist Kapellmeister Franz Hoffner, ein Banater Schwabe, der in den 1970-ern nach Deutschland ausgewandert ist, mehrere Jahre in Pforzheim tätig war, nach der Wende als Geschäftsmann nach Rumänien zurück gekehrt ist und in Temeswar seine jetzige Kapelle gegründet hat, die er nun seit 12 Jahren leitet. Für das Treffen mit den Temeswarern kam nach Pforzheim auch der in Neuarad gebürtige und in Deuschland berümt gewordene Musikwissenschaftler und Komponist Franz Watz. Mit den Musikern hielt er einen Workshop zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft der Blasmusik. Für das diesjährige Wertungsspiel vor der Fachjürie in den Niederlanden bereitete die Temeswarer Kapelle mehrere Stücke vor, die von Franz Watz komponiert oder bearbeitet wurden – wie die Polka betitelt „Freude zur Musik”. Nach dem Workshop spielten die Temeswarer ein Konzert für die Banater Schwaben aus Deutschland. Die Gäste begrüßte der jetzige Leiter des Musikvereins Eutingen, Werner Schlimmer, der das Amt von Franz Hoffner übernahm, als dieser nach Rumänien zurück kehrte. Die Kapelle spielte die Stücke vor, die sie für den Wettbewerb in den Niederlanden einstudiert hatte. Für die Musker war das eine Generalprobe mit Publikum. Die Temeswarer und ihre Musik wurden von den Landsleuten aus Deutschland sehr gut empfangen und mit einem reichen Applaos belohnt. Eine positive Einstimmung auf den Wettbewerb, meint Dirigent Franz Hoffner.
Von Deutschland ging es in die Niederlande weiter, die Gastfreundschaft schien aber irgendwie, an der Grenze hängen geblieben zu sein. Die Temeswarer mußten in Kerkrade mit unfreundlichen Organisationshürden kämpfen. Als Unterkunft wurde ihnen ein sogenanntes Schulinternat angeboten auf einer sehr schönen königlichen Domäne. Doch man kann daran zweifeln, dass die niederländischen Schüler 2015 unter solchen Bedingungen untergebracht werden – zu 20-st in einem Zimmer. Außerdem gab es diesmal im Unterschied zu den vergangenen Auflagen der Europameisterschaft keine Flagge Rumäniens beim Auftrittsort. Die Temeswarer ließen sich aber dabei ihre gute Laune nicht verderben und machten mit Herz und Seele weiter.
Zur Eröffnung der Blasmusik-EM - in Holland auch Wind-Music-Contest genannt - gab es am Freitag-Abend eine Gala mit hochrangigen Gästen. Als erste spielten Berthold Schick und seine Allgäu6. Von ihnen hören wir die Isabell-Polka. Es folgte Guido Henn und seine Goldene Blasmusik und von ihnen hören wir das Lied „Im Rosengarten von Sanssouci”.
Die Europameusterschaft der Blasmusik ging am Samstag und Sonntag mit den Auftritten der teilnehmenden Kapellen vor der Fachjürie und vor dem Publikum weiter. Die Temeswarer spielten am Samstag Abend innerhalb eines Musikantentreffens nebst seinen Gegenkandidaten in der Höchststufe, die aus der Schweiz und aus den Niederlanden kamen. Auf dem Programm des Banater Orchesters standen mehrere Stücke mit Gesang in Erstaufführung für das internationale Publikum, die von Kapellmeister Franz Hoffner geschrieben und von Franz Watz arrangiert wurden. Das Temeswarer Orchester spielte desweiteren böhmisch-mährische Stücke von Franz Watz, internationale BigBand-Musik und ein paar rumänische Stücke, darunter das Bravurstück für Trompete „Hora Staccato”. Doch am besten ist der berümte „Böhmische Traum” angekommen, der von den Temeswarern mit Herz und Seele interpretiert und von dem hollendischen Publikum mit Standing Ovations belohnt wurde.
Die Stadtkapelle Temeswar trat desweiteren am Sonntag Nachmittag vor einer vierköpfigen Fachjürie auf. Je einen Vertreter darin hatten die Tschechen sowie die Österreicher und die Niederlande stellten als Gastgeberland die anderen zwei Jouroren. Zu den 5 Wertungsstücken der Temeswarer zählte die Konzertpolka „Verträumte Zeiten” von Franz Watz.
Äußerst positiv waren auch die Rückmeldungen von den anderen teilnehmenden Gruppen sowie den anwesenden Fachleuten, die die Entwicklung der Temeswarer Kapelle seit ihrer ersten Teilnahme an der Europameisterschaft vor zwei Jahren bewunderten. Doch für die Fachjürie war es anscheinend nicht genug. Die Jouroren benoteten die rumänische Kapelle ähnlich wie vor zwei und vor einem Jahr mit 90 Komma etwas Punkten, die nur für den dritten und zugleich letzten Platz in ihrer Kategorie reichten. Europameister 2015 wurde die Kapelle aus der Schweiz und den Vizemeistertitel behielten die Gastgeber für sich.
Die nächste Auflage der Europameisterschaft für böhmisch-märische Blasmusik wird in Österreich stattfinden, wahrscheinlich ohne irgend eine Beteiligung aus Rumänien. Ob diese Entscheidung endgültig ist, darüber spricht Kapellmeister Franz Hoffner.