Radio Temeswar

Duale Berufsausbildung in Rumänien schreitet voran - Arad vor dem Start

Ein Projekt, das die wirtschaftliche Strategie der ausländischen Investoren in Rumänien komplett umstrukturieren könnte, wird in diesem Jahr verwirklicht. Auf Initiative der deutschsprachigen Wirtschaftsclubs werden an verschiedenen Schulen im Land Berufsklassen ins Leben gerufen, die den Schülern eine Alternative zum theoretischen Lyzealunterricht anbieten und somit ihnen die Möglichkeit geben, einen auf dem Markt gesuchten Beruf zu erlernen. Nachdem zweijährige Lehrgänge innerhalb von Pilotprojekten in Temeswar, Hermannstadt und Kronstadt erfolgreich beendet und die ersten Absolventen in den Trägerunternehmen angestellt wurden, werden ab dem neuen Schuljahr dreijährige Lehrgänge im Bereich der dualen Berufsausbildung nach deutschem Modell eingeführt. Zu den bereits erwähten Ortschaften gesellt sich nun die Stadt Arad. Das dortige Projekt wurde gestern innerhalb einer Pressekonferenz vorgestellt. Adi Ardelean war dabei und berichtet.



Auf Initiative des deutsch-rumänieschen Wirtschaftsvereins DRW Arad werden mit dem neuen Schuljahr beim Technischen Kolleg Aurel Vlaicu zwei neue Klassen mit dualer Berufsausbildung nach deutschem Modell eingeführt, je 28 Plätze für Schweißer und für CNC-Maschinisten. Somit schließen sich die Arader den anderen deutschsprachigen Wirtschaftsclubs aus Rumänien an, die bereits Erfahrungen in diesem Bereich sammeln konnten. Manfred Engelmann ist Vorsitzender des DRW Arad.

Das neue Ausbildungsangebot wurde innerhalb der nationalen Konferenz des rumänischen Schweißerverbandes bekannt gemacht, die diese Tage in Arad stattfindet. Mitglied des Verbands ist der deutsche Gütervagonbauer Astra Rail Industries mit seiner Niederlassung in Arad. Geschäftsführer Bernd Böse ist auch der Promoter der beiden neuen Berufsklassen vor Ort.

Das neue Studienangebot für duale Berufsausbildung nach deutschem Modell richtet sich an Absolventen der VIII. Klassen. Der Begriff dual kommt davon, dass während der drei Unterrichtsjahre die Schülern sich sowohl theoretische Kenntnisse aneignen, als auch Fachwissen und Kompetenzen durch Praktika in den Schulwerkstätten und an ihren künftigen Arbeitsplätzen in den Trägerunternehmen gewinnen. Im Unterschied zum theoretischen Unterricht, woran zwei Parteien beteiligt sind, Schule und Schüler, kommt in diesem Fall eine dritte Partei hinzu, das Unternehmen, das qualiffizierte Arbeitskräfte braucht und hierfür den Auszibildenden Praktikumsplätze sichert. Mihaela Borza leitet das Technische Kolleg Aurel Vlaicu in Arad, eine Schule mit langer Tradition in der Berufsausbildung.

Die Schüler dieser Ausbildungsform erhalten während ihres dreijährigen Studiums ein monatliches Staatsstipendium im Wert von 200 Lei. Das Unternehmen, das ihnen den Praktikumsplatz sichert, zahlt monatlich weitere 200 Lei im ersten Jahr, 250 im zweiten Jahr und 300 Lei im dritten Jahr. Als Premiere im Bereich der Berufsausbildung in Rumänien erhalten die rund 60 Auszubildenden der beiden Berufsklassen aus Arad eine konstenlose Unfallversicherung. Und das sind nur zwei der Vorteile die sie haben, sagt DRW-Vorstandsmitglied Waldemar Steimer.

Das Qualifikationszertifikat, das die künftigen Absolventen dieser Berufsausbildung erhalten, ermöglicht ihnen, eine Arbeitsstelle in ihrem Bereich europaweit zu finden. Einige Unternehmer befürchten, dass sie somit in die Ausbildung eines Lehrlings investieren, ohne von ihm dannach als qualiffizierte Arbeitskraft profitieren zu können. Andere hingegen sind der Meinung, dass sie dieses Risiko annehmen müssen, um überhaupt an qualiffizierte Arbeitskräfte heranzukommen und versuchen die Absolventen duch attraktive Anbebote an das Unternehmen zu binden, so DRW-Vorsitzender Manfred Engelmann.

Zu den Optimisten, die diese Meinung teilen, zählt der Geschäftsführer von Astra Rail Industries Bernd Böse. Er hat sich bereit erklärt, in seinem Betrieb Praktikumsplätze für die erste Staffel der Auszubildenden zu sichern, diese während ihres Studiums zu begleiten und sie nach dem Absschluss auch anzustellen. 

Inzwischen haben sich dem Projekt weitere Unternehmen aus dem Kreis Arad angeschlossen: Takata, Man Corporation und Aro-Stahl-Produkt sind nur drei davon. Durch die Anschaffung von ausgebildeten und qualiffizierten Arbeitskräften verschiebt sich langfristig der Schwerpunkt der Wirtschaftsstrategien ausländischer Invesoren in Rumänien: von den derzeitigen Automotive-Produktionen, die unqualiffizierte Arbeitskräfte benötigen, auf kompliziertere Produktionsvorgänge, die ausgebildete Fachkräfte voraussetzen.


Fotos: Zoltán Pázmány

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 Adrian Ardelean, Arad, 22.04.2015
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