Bundesinnenministerium und Auswärtiges Amt organisierten „Sprachkonferenz der Deutschen Minderheiten“ in Hermannstadt
Zum dritten Mal seit 2008 organisierte der Bundesbeauftragte der
deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale
Minderheiten eine Konferenz, heuer zum Thema „Deutsch als
Identitätssprache der deutschen Minderheiten in Ost-, Ostmittel- und
Südosteuropa sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion“. Am 16. und
18. Juni diskutierten rund 90 Vertreter von Minderheitenverbänden,
deutscher Behörden und Mittlerorganisationen sowie rumäniendeutscher
Landsmannschaften im Spiegelsaal des Hermannstädter Forums über
politische Rahmenbedingungen, Ansätze zur Sprachbildung sowie Wünsche
von Minderheitenvertretern an deutsche Behörden und
Mittlerorganisationen. Partner der Konferenz waren das Auswärtige Amt,
die Hanns-Seidel-Stiftung und das Demokratische Forum der Deutschen in
Rumänien (DFDR).
Dr. Christoph Bergner zeigte sich zufrieden: „Die Entscheidung für
Hermannstadt war günstig, denn wir haben hier eine deutsche Minderheit
mit einer lebendigen und kraftvollen Weitergabe der Sprachtradition“.
Zum dritten Mal seit 2008 organisierte der Bundesbeauftragte der
deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale
Minderheiten eine Konferenz, heuer zum Thema „Deutsch als
Identitätssprache der deutschen Minderheiten in Ost-, Ostmittel- und
Südosteuropa sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion“. Am 16. und
18. Juni diskutierten rund 90 Vertreter von Minderheitenverbänden,
deutscher Behörden und Mittlerorganisationen sowie rumäniendeutscher
Landsmannschaften im Spiegelsaal des Hermannstädter Forums über
politische Rahmenbedingungen, Ansätze zur Sprachbildung sowie Wünsche
von Minderheitenvertretern an deutsche Behörden und
Mittlerorganisationen. Partner der Konferenz waren das Auswärtige Amt,
die Hanns-Seidel-Stiftung und das Demokratische Forum der Deutschen in
Rumänien (DFDR).
Warum diese Konzentration der Konferenz auf das
östliche Europa und das Gebiet der GUS-Staaten mit Teilnehmern aus
Polen, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Serbien, Kroatien, der
Ukraine, Russland, Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan und Rumänien?
Während im westlichen Europa die deutschen Minderheiten nach dem Zweiten
Weltkrieg relativ unbehindert ihre Sprache und Identität pflegen
konnten, wurden die Minderheiten im Osten erst durch Flucht und
Vertreibung geschwächt sowie später durch Verbot des Gebrauchs der
deutschen Sprache und Wegfall des muttersprachlichen Unterrichts einem
enormen Assimilationsdruck ausgesetzt. Auf 1 bis 1,5 Millionen schätzt
Dr. Koloman Brenner, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Deutscher
Minderheiten innerhalb der Föderalen Union der Europäischen
Nationalitäten (FUEN), die Zahl der Menschen, die sich zu deutschen
Minderheiten bekennen. In vielen Ländern Mittel- und Osteuropas konnten
die deutschen Minderheiten Ostmitteleuropas ihre Lage schrittweise
verbessern, konstatierte Brenner. Nur die Situation der Deutschen in
Russland sowie den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sei nach wie vor
sehr prekär.
Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache
Trotz
örtlicher Verbesserungen ist Deutsch weit von einstiger Bedeutung
entfernt. In vielen Familien wird die jeweilige Landessprache
gesprochen, die Sprachbindung ist laut Bergner außer in Rumänien und
Ungarn „dramatisch niedrig“. Das schulische Deutsch wird heute
weitgehend als Fremdsprache vermittelt, muttersprachlichen Unterricht
gibt es nur in Ausnahmefällen, beispielsweise in Rumänien, Ungarn und
vereinzelt in Polen. Der trotz allem vorhandenen Nachfrage nach
Deutschlernangeboten wird vielerorts durch nichtstaatliche Initiativen
begegnet. In Kasachstan werden laut Swetlana Dowschenko Kinder in
Zentren für Vorschulbildung und Sonntagsschulen an die Sprache
herangeführt.
Mit der Gründung von Vereinsschulen möchte man im
polnischen Oberschlesien die Versorgung mit bilingualem oder
einsprachigem Unterricht verbessern, berichtete Bernard Gaida. Durch den
Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ weckt man in Russland und
sogar über die Landesgrenzen hinaus Interesse für Deutsch, informierte
Olga Martens von der „Moskauer Deutschen Zeitung“. Zusammen mit dem
Goethe-Institut wurde 2012 in Tschechien das Projekt „Schaufenster
Enkelgeneration“ durchgeführt, so Martin Dzingel, das der Frage
nachgeht, ob und welche Rolle Deutsch als Teil der Identität junger
Tschechen spielt. In Ungarn wiederum erarbeitete die
Landesselbstverwaltung mit deutschen Partnern eine Bildungsstrategie, in
deren Mittelpunkt regionale Schulzentren mit Kindergärten, Grundschulen
und Gymnasium stehen, beispiels-weise das von Ibolya Englender-Hock
geleitete Valeria-Koch-Schulzentrum in Fünfkirchen/Pécs.
Viele
dieser Angebote werden von deutscher Seite unterstützt, sei es von
verschiedenen Bund- und Länderbehörden, Mittlerorganisationen wie dem
erwähnten Goethe-Institut, der Donauschwäbischen Kulturstiftung oder dem
Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), sowie den Landsmannschaften.
Das Auswärtige Amt etwa stellt jährlich rund 4 Millionen Euro für
Sprachkurse, Lehrerfortbildung, Lehrmaterialien, wissenschaftliche
Projekte oder Schüleraustausche zur Verfügung, informierte Andreas
Meitzner. Über die Förderprogramme der Bundesländer sprach Frank
Altrichter vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales.
Stärkere Unterstützung für die deutschsprachige Bildung versprach mit
Dr. Bernd Fabritius auch der Vorsitzende des Verbandes der Siebenbürger
Sachsen in Deutschland, sogar finanzielle. Gebraucht würden nicht nur
finanzielle Hilfe, sondern auch moralische Unterstützung und politische
Wahrnehmung. Diesen Wunsch äußerten mehrere Teilnehmer aus jenen
Ländern, in denen staatlicherseits die deutsche Minderheit bzw. die
deutsche Sprache benachteiligt werden.
Kann Deutsch revitalisiert werden?
Intensiv
diskutiert wurde auch die Frage, ob man eine verlorengegangene
Muttersprache revitalisieren kann? Kann Deutsch noch als
Identifikationssprache herhalten, wenn zwei Generationen Sprecher fehlen
oder die heutige Generation in Mischehen aufwächst? Wenn überhaupt,
dann ist dies nur durch systematische und langfristig angelegte
Anstrengungen möglich, lautete die einhellige Meinung. Doch welche
deutsche Sprache soll heutzutage gelehrt werden? Traditionelle regionale
Dialekte oder die deutsche Hochsprache? Der Germanist Dr. Brenner
plädierte für regionale Varietäten des Hochdeutschen, in Ungarn
beispielsweise der Wiener Varietät, wobei gleichzeitig die Mundarten
dokumentiert und digital für den Unterricht bereitgestellt werden
sollten. Ebenso betonte Brenner die Bedeutung der vorschulischen Bildung
in Kindergärten, in denen Nachfrager des schulischen Deutsch-Angebotes
herangezogen werden.
In diesem Zusammenhang merkte etwa Hans
Beerstecher, Vorsitzender der Donauschwäbischen Kulturstiftung, die
Bedeutung der mehrheitssprachlichen Lehrkräfte des jeweiligen Landes an,
ohne die nirgendwo ein deutschsprachiges Bildungssystem möglich ist. In
Rumänien beispielsweise tragen diese Erzieher und Lehrer – die Deutsch
in vielen Fällen auf muttersprachlichem Niveau beherrschen – einen
wesentlichen Teil des Unterrichts in deutscher Sprache. Vorbildlich in
Rumänien ist auch die Aus- und Weiterbildung von Erziehern und Lehrern –
beispielsweise über das Zentrum für Lehrerfortbildung in Mediasch. Das
Beispiel zeigt auch, dass erfolgreiches Sprachlernen nicht zwangsläufig
mit Identität zusammen hängt. Dennoch muss die Sprachkompetenz durch
gezielte – und nicht immer teure – Maßnahmen gefördert werden. Ovidiu
Ganþ, der Abgeordnete des DFDR, lobte das deutsche
Lehrerentsendeprogramm als „eine der effektivsten Maßnahmen“ zur
Unterstützung des deutschsprachigen Bildungsangebots.
Rumänische Situation ist vorbildlich
Im
Verlauf der Konferenz wurde vor allem eines deutlich: Zwischen Oppeln
und Bischkek gibt es vielerorts kleinere und größere Initiativen,
Deutsch als Identitätssprache wiederzubeleben, insbesondere auch dort,
wo seit zwei oder mehr Generationen die Sprache verloren gegangen ist.
Die Probleme der deutschen Sprach- und auch Identitätsbildung sind
jedoch vielfältig und Lösungen müssen für jedes Land individuell
gefunden werden. Die Situation in Rumänien ist in dieser Hinsicht
vorbildlich und könne die Teilnehmer aus anderen Ländern ermutigen,
hoffte Bergner. Nicht vergessen werden darf in diesem Kontext die
Bedeutung der Attraktivität der deutschen Sprache für die Nachfrage nach
deutschsprachigen Bildungsangeboten – gerade dort, wo die
Identifikationsfunktion fehlt. In Rumänien beispielsweise „hat das
Potenzial der deutschen Sprache unsere Schulen gerettet“, erinnerte
Ganþ. Organisator Bergner hoffte, dass die Konferenz zu einer stärkeren
Vernetzung der vorhandenen Initiativen beitrage und die deutschen
Förderer die Bedürfnisse der Menschen vor Ort besser kennenlernten.
In
den vergangenen Jahren organisierte der Bundesbeauftragte bereits zwei
weitere Konferenzen zu Themen der deutschen Minderheiten im Osten: „Zwei
Jahrzehnte Politik für Aussiedler und nationale Minderheiten - Bilanz
und Perspektiven“ im Jahr 2008 sowie zum „70. Jahrestag der Deportation
der Russlanddeutschen“. Erstmals findet eine solche Konferenz im Ausland
statt. „Wir dachten, es ist besser, wenn die Probleme im Umfeld der
deutschen Minderheit diskutiert werden“, erklärte Bergner.