Dass da auf dem Dachboden des Michelsberger Pfarrhauses zahlreiche
Filmrollen, Fotografien und Glasplatten in Kisten, Schachteln und Alben
verstaut lagerten, wussten wohl einige Mitglieder der evangelischen
Gemeinde. Um was für einen historischen Schatz es sich handelte, war den
Findern der 12.000 Fotografien und Negative anfangs allerdings nicht
bewusst. 2009 war es, als Ortspfarrer Dr. Stefan Cosoroabã den Fund barg
und dem Zentralarchiv der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien zur
Aufbewahrung übergab. Erst hier entdeckte man, dass das fotografische
Material den Hermannstädter Fotografen Emil und Josef Fischer
zuzuschreiben war, und nicht nur...
Dass da auf dem Dachboden des Michelsberger Pfarrhauses zahlreiche
Filmrollen, Fotografien und Glasplatten in Kisten, Schachteln und Alben
verstaut lagerten, wussten wohl einige Mitglieder der evangelischen
Gemeinde. Um was für einen historischen Schatz es sich handelte, war den
Findern der 12.000 Fotografien und Negative anfangs allerdings nicht
bewusst. 2009 war es, als Ortspfarrer Dr. Stefan Cosoroabã den Fund barg
und dem Zentralarchiv der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien zur
Aufbewahrung übergab. Erst hier entdeckte man, dass das fotografische
Material den Hermannstädter Fotografen Emil und Josef Fischer
zuzuschreiben war, und nicht nur...
Ein winziger Teil des
riesigen Fundus – nämlich insgesamt 50 Fotografien – sind seit
vergangenem Samstag im Terrassensaal des Hermannstädter Kultur- und
Begegnungszentrums „Friedrich Teutsch“ zu sehen. „Jenseits des
Verschwindens. Aus dem fotografischen Nachlass der Gebrüder Fischer,
Hermannstadt/Sibiu“ lautet der Titel der Ausstellung. Die Konzeption
verantwortete Kurator Christian Lindhorst, der die Auswahl mit dem Blick
des außenstehenden Kulturwissenschaftlers traf. Bei der Zuordnung der
Bilder zu den Fotografen sowie die Einordnung der Motive erhielt er
Unterstützung von dem Hermannstädter Architekten und Fotografen Hermann
Balthes sowie Konrad Klein, einem Kenner der siebenbürgischen
Fotogeschichte.
Diese erste Ausstellung solle die Menschen
neugierig machen, meinte Lindhorst. Drei Viertel der in Originalgröße
reproduzierten Bilder stammen von Josef „Pepi“ Fischer (1898-1985).
Gezeigt werden einige Aufnahmen von den zahlreichen Karpatenwanderungen,
des auch als Bergfotografen bekannten J. Fischer. Bei einigen drängt
sich der Eindruck auf, dass sich die Motive unnötig wiederholen, z. B.
angesichts von vier Bergkreuzmotiven. Unbedingt sehenswert dagegen ist
der Hechtsprung von Tilde Engber übers Pferd, das Faschingsfest im
Skilager, die Aufnahme des Kulturhauses in Viktoriastadt/Oraºul Victoria
oder die Badeanstalt am Alt-Fluss/Olt.
Der Titel der
Ausstellung ist ein wenig irreführend, wie Lindhorst einräumte. Von Emil
Fischer (1873-1965) gibt es in der Ausstellung kein einziges Foto, da
auch im Nachlass nur sehr wenige Fotos von ihm enthalten sind. Dagegen
fanden sich bei der Inventarisierung rund 300 Aufnahmen von Oskar
Pastior sen., dem Vater des bekannten Lyrikers Oskar Pastior. Dessen
Fotos zeichnen sich laut Lindhorst durch eine besondere „dokumentarische
und ästhetische Qualität“ aus. Von Pastior stammen Aufnahmen des
Agnethler Urzellaufs sowie eindrucksvolle Porträts, wie die eines
Stolzenburger Mädchens in Sommertracht, eines Roma-Mädchens in
Festtagskleidung oder vom Töpfermarkt in Hermannstadt/Sibiu.
Gerade
von Emil Fischer hätte man sich aber doch einige Aufnahmen gewünscht,
nicht zuletzt, da Lindhorst im Katalog die im Nachlass enthaltenen
zeithistorisch-dokumentarischen Arbeiten E. Fischers würdigt,
beispielsweise aus der „Gruppe von Fotos mit Sonderstatus“, die
offizielle Anlässe um 1939 mit Bischof Viktor Glondys thematisieren.
Konrad Klein meinte in seiner Ansprache, er hätte sich eine
repräsentativere Auswahl vorgestellt, aber die narrative Symbolik der
ausgestellten Fotografien gibt dennoch „den einen oder anderen
Denkanstoß über ein Jahrhundert voller Irrungen und Wirrungen“.
Die
als Wanderausstellung konzipierte Schau bleibt bis zum 28. Februar 2013
geöffnet. Sie ist das Ergebnis eines unter dem früheren Leiter des
Teutsch-Hauses, Dr. Wolfram Theilemann, ausgearbeiteten Projekts zur
Aufarbeitung des Fischer-Nachlasses, berichtete die amtierende Leiterin
Gerhild Rudolf. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von der
Edith-Haberland-Wagner Stiftung. Die archivarische Erschließung des
Materials bewältigte die Archivarin Julia Moldenhawer zwischen Oktober
2011 und September dieses Jahres.
Einen lesenswerten Beitrag von
Konrad Klein über diesen Teil des siebenbürgischen Bildgedächtnisses
findet sich im Ausstellungskatalog, der im Schiller-Verlag erschien.
Angereichert ist der Text mit weiteren Fotos aus dem Nachlass sowie der
Privatsammlung von Klein. Es bleibt zu hoffen, dass der Nachlass zu
weiterer wissenschaftlicher Beschäftigung anregt und Teile von ihm der
Öffentlichkeit über Ausstellungen oder Bildbände zugänglich gemacht
werden.