Funkhaus Fünfkirchen

Deutsche Bühne Ungarn – Unklare finanzielle und Trägerschaftsverhältnisse - Staatssekretär Szászfalvi für ein neues Finanzierungssystem für Nationalitäten

Ab 2012 befindet sich die Deutsche Bühne Ungarn (DBU) nicht mehr in die gemeinsame Trägerschaft von der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) und des Komitates Tolnau. Die von den Komitaten getragenen Institutionen kommen zu den zuständigen Regierungsämtern (sprich: Verstaatlichung). Deswegen ist es unklar, wie es mit der DBU weitergeht.


Landesselbstverwaltung: vollständige Trägerschaft ja, aber nicht um jeden Preis


Die LdU würde gerne die Deutsche Bühne vollständig in die eigene Trägerschaft nehmen, doch dafür fehlt dem Ungarndeutschen das Geld. Nun hat der für Nationalitäten- Angelegenheiten zuständige Staatsekretär, László Szászfalvi am 2. November in Seksard versprochen, dass das Verwaltungs- und Justizministerium das gleiche Geld dem Theater beisteuert, wie das Komitat Tolnau früher (20 Millionen Forint). „Die Regierung ist fest entschlossen diese wichtige kulturelle Institution und Werkstatt mit einer ausgeglichenen Finanzierung aufrechtzuerhalten. Ab dem nächsten Jahr muss das Theater unter geregeltem Besitzer- und Trägerverhältnis funktionieren. Die Finanzierung müssen wir gemeinsam mit der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen lösen.“ – erklärte Szászfalvi.

Es gibt allerdings noch viele Fragezeichen, wie zum Beispiel der Schicksaal vom Theatergebäude selbst. Es würde nämlich auch verstaatlicht werden. Die Vollversammlung der LdU entscheidet am 19. November über die Übernahme, doch es gebe laut Vorsitzenden Otto Heinek noch weitere Unsicherheiten in der Finanzierung. „Im Entwurf des Haushaltsgesetzes steht die Deutsche Bühne nicht drin. Bisher widmeten die Politiker eine extra Zeile den Minderheitentheatern in der Beilage des Budgetgesetzes, in diesem Jahr ist das nicht der Fall. Man kann nur von einer Summe von 100 Milliarden Forint lesen, die allerdings für jede früher von den Komitaten getragene Institutionen bereit steht.“ – so Heinek. Es ist also unklar wie viel das Theater bekommt. 2011 hat die DBU 58 Millionen Forint aus dem Staatshaushalt bekommen, die Hälfte ihrer Jahreseinnahmen. Ohne dieses Geld könne die LdU in der Form das Theater nicht finanzieren – so der Vorsitzende.

Wekerle Fond: kompliziertes Verfahren für wenig Geld

Es gibt aber nicht nur bei der DBU Probleme. Das ganze Finanzierungssystem der Nationalitäten ist in diesem Jahr von Problemen überhäuft. Die Regierung hat Anfang des Jahres den Alexander Wekerle Fond ins Leben gerufen, der die Finanzierung der Minderheitenselbstverwaltungen und der Nationalitätenorganisationen abwickeln soll. „Einfach, unbürokratisch, schnell“ – so haben die Losungen gelautet. Es ist das Gegenteil passiert. Das System sei zu bürokratisch, die Verteilung der Gelder ungerecht, die Bewertung der Anträge unüberschaubar – meinen die Nationalitäten. Noch heute gibt es Vereine, die kein Geld erhalten haben. Die Probleme seien auch beim Ministerium bekannt – gab nun Szászfalvi zu. „Bei einem neuen Verwaltungsfond können kleine Fehler vorkommen, das ist klar. Wir müssen überdenken, wie wir das Abwickeln der Bewerbungen besser gestalten können. Am besten wäre es eine glaubhafte Datenbasis über die Minderheitenorganisationen zu entwickeln, damit wir die Bürokratie abbauen können. Ich hoffe, dass ab dem nächsten Jahr solche Probleme nicht mehr vorkommen werden.“

Für die Nationalitäten ist das Reden um den heißen Brei. Die Landesselbstverwaltungen hätten bereits am Anfang gesagt, dass diese Form der Finanzierung nicht gut werde – so Vorsitzende Heinek. Sie fordern mehr Grundfinanzierung für die Minderheitenselbstverwaltungen und dass sie in die Entscheidungs- und Bewertungsprozesse mehr einbezogen werden.

Es scheint sogar, dass auch beim Ministerium es Unstimmigkeiten gibt über den Wekerle Fond. Staatsekretär Szászfalvi hält es für möglich, dass die Minderheitenfinanzierung das Staatssekretariat vom Wekerle Fond übernimmt. „Ich mache nicht in einer Lumperei mit, die die Nationalitätenorganisationen mit unnötiger Bürokratie quält.“ – erklärte der Politiker mit harten Worten.

Minderheitengesetz: Streit über das Tempo

Viele erwarten eine Lösung vom kommenden neuen Minderheitengesetz – oder Nationalitätengesetz, wie es die Regierung nennt. Mit großem Elan und mit einer großen Geschwindigkeit wollte das Kabinett auch das Nationalitätenwesen umkrempeln. Nun scheint es so, dass man leicht auf die Bremse gedrückt hat. Die ersten entwürfe des Gesetzes waren nicht zu bewerten. “Wir müssen noch auf Gesetze warten, die das Nationalitätenwesen betreffen, wie das neue Bildungs- und Verwaltungsgesetz. Daneben verhandeln wir mit den Vertretern der Landesselbstverwaltungen kontinuierlich. Die ganze Prozedur hat ein einziges Ziel, dass die Nationalitäten ihre Identität bewahren und sich in Ungarn Zuhause fühlen können. Dazu müssen wir den rechtlichen, institutionellen, Finanzierungs- und Selbstverwaltungsrahmen unterordnen.“ – sagte Szászfalvi im Gespräch mit der NZ. Ob wirklich dieses Ziel vor den Augen der Politiker schwebt? Verhandlungen, Konsultationen ist eine Sache. Das Gesetz vom 1993 haben aber noch Wissenschaftler geschrieben, wie Karl Manherz oder János Gyurok. Heute stützt das Ministerium sich auf eigene Kräfte und Leute. Wir müssen abwarten, und in diesem Fall wäre auch für die Gesetzgeber besser ein wenig zu warten und zu überlegen.

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 Christian Erdei, Fünfkirchen, 07.11.2011
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