Radio Temeswar

Was für ein Theater - Die neue Spielzeit im DSTT

Mit Niederungen von Hertha Müller wurde am vergangenen Sonntag die Spielzeit 2014/2015 am deutschen Staatstheater Temeswar eröffnet. Obwohl das Stück bereits seit zwei Jahren gespielt wird, war das Haus zur Spielzeiteröffnung brechend voll. Und trotzdem hat sich Intendant des deutschen Staatsthaters, Lucian Varsandan, für die kommende Spielzeit noch einiges einfallen lassen, das auch mit neuen Herausforderungen verbunden ist. Über die Einzelheiten sprach er mit Johanna Kiesler. 



Szenenbild aus "Niederungen" (Foto: DSTT)

Es ist ein ganz besonderes Projekt, das sich das Deutsche Staatstheater Temeswar für die kommende Spielzeit ausgedacht hat. Um nicht zu sagen, es ist eine Premiere, denn ein vergleichbares Projekt hat es am DSTT bisher noch nicht gegeben. Gemeinsam mit dem Ensemble des ungarischen Staatstheaters erarbeiten die Schauspieler zur Zeit eine sogenannte Werkstattinszenierung. Was damit gemeint ist, erklärt der Intendant des Deutschen Staatstheaters Temeswar, Lucian Varsandan:

"Eine Werkstattinszenierung ist sie deswegen weil die Themen der Inszenierung, die im Endeffekt auf die Bühne kommen, bei der Arbeit mit den Schauspielern und gemeinsam mit den Schauspielern entwickelt werden. Es ist eine Art Laboratorium und aus diesem Laboratorium heraus entsteht dann die endgültige Bühnenfassung des Textes."

Über 30 Schauspieler werden an diesem besonderen Projekt mitwirken. Das Thema ist ganz grob gesagt: Kaffee. Doch die Erarbeitung erfordert jede Menge Engagement und eine ganze Menge Zeit. Denn ein Skript gibt es zu Beginn noch nicht. Jeden Tag erhalten die Schauspieler vom Spielleiter vorgegebene Themen, zu denen sie in kleinen Gruppen einzelne Szenen erarbeiten. Am Ende dieser kreativen Arbeitszeit entsteht aus diesen Bausteinen dann ein Gerüst, eine Art zusammengepuzzelte Struktur der Inszenierung.

"Der witz und der ansporn kam auch davon dass ich von ähnlichen inszenierungen weiß die eigentlich einmalige theatererlebnisse sind. Unverwechselbar und einmalig. Und deshalb haben wir uns gesagt, wir nehmen jetzt dieses risiko auf uns, das ist sowieso oft im theater unmöglich zu sagen, wie wird sie ankommen, man kann sich nur vornehmen, alles daran zu setzen, dass sie so gut wie möglich rauskommt, bei so einer inszenierung ist es um so schwieriger, vorauszusehen, wie das wird. Aber das ist auch umso spannender." 

Sowohl Deutsche als auch Ungarn sollen die daraus entstehende Inszenierung verstehen können. Deshalb hat sich das Ensemble des DSTT auch über das Sprachproblem schon einige Gedanken gemacht. Wie das genau aussehen wird, da will Lucian Varsandan allerdings noch nicht zu viel verraten. Ob das Stück eher auf deutsch oder auf ungarisch gespielt wird?

"Das wird sowohl als auch und weder noch (lacht) es wird auch Szenen geben die nicht in einer bestimmten Sprache gesproche werden, es wird viel Improvisation geben, die die Vermittlung eines sinns über die Sprache nicht mehr erfordert." 

Premiere feiert die Werkstattinszenierung über den Kaffe am 8. November 2014 zur Eröffnung des 4. Europäischen Theaterfestivals EUROTHALIA. Das Festivial wird vom 8. bis zum 17. November stattfinden und zu Gast sind neben rennomierten Inszenierungen aus Rumänien und aller Welt auch das Saarländische Staatstheater Saarbrücken und Garage X aus Wien. Im Frühjahr 2015 ist dann wieder eine spannende Neuproduktion zu erwarten. Geleitet wird sie von der Bukarester Tanzkünstlerin Andrea Gavriliu

 "... und Andrea erarbeitet mit einem Teil unseres Ensembles eine Tanztheaterperformance, mit viel Musik und mit viel Humor, sie heißt Hotel PM, und sie zeigt mit wenigen Worten und mit eigens für diese Inszenierung komponierter Musik, die ungewöhnliche oder vielleicht doch etwas spektakulärere Geschichte eines ansonsten doch recht banalen Hotelzimmers an einem Nachmittag." 

Was dort alles vor sich geht, erfahren die Besucher  in dem Stück Hotel PM - die Premiere ist für Anfang März 2015 vorgesehen. Neben den Inszenierungen am heimatlichen Staatstheater geht es in dieser Spielzeit auch wieder auf große Reise. Im November fährt das Ensemble mit dem Stück „Cabaret“ zum nationalen Theaterfestival nach Bukarest und im März 2015 gastiert das DSTT zum ersten Mal in Luxemburg, wo das Stück „Die Möwe“ von Anton Tschechow aufgeführt wird. 

"Und Last but not Least, im Frühsommer 2015 arbeiten wir an einer Uraufführung, das ist ein eigens für dieses Ensemble geschriebenes stück „Bremen“ des zeitgenössischen rumänischen Autors Stefan Pekka, nach den Bremer Stadtmusikanten. Anders als es scheinen könnte, ist es kein Kinderstück sondern ein Stück für unseren Abendspielplan, nach den Motiven aus den Grimm’schen Bremer Stadtmusikanten entsteht eine Inszenierung über manche sehr ernste Themen, wenn man bedenkt, dass in den Bremer Stadtmusikanten zum Beispiel die Tiere auch den jeweiligen Herkunftsort verlassen, um in die Stadt zu gehen wo es einem besser geht, das ist auf unsere heutige Zeit übertragen merkt man doch ein sehr aktuelles Thema."

Neben diesen außerordentlichen Projekten hat das Publikum allerdings auch die Möglichkeit, einige der beliebtesten Aufführungen der vorherigen Spielzeiten noch einmal zu sehen. Darunter sind das Missverständnist von Albert Camus, Cabaret von Joe Masteroff, Das Maß der Dinge von Neil LaBute, aber auch die Möwe von Anton Tschechow und die Kleinbürgerhochzeit von Bertold Brecht. 

"Und ganz wichtig: auch weiterhin gibt es ein Angebot für den Kinder und Jugendtheaterbereich, mit Hänsel und Gretel bzw. das Mädchen mit den Schwefelhölzern sprechen wir die kleineren Zuschauer an, für die etwas größeren gibt es eine ganz besondere Inszenierung die wir auch weiterhin auf dem Spielplan haben, die Jugend ohne Gott von Ödön Horvath, bei der wir auch mit vielen Jungen Kollegen aus dem nachwuchspotential unseres hauses zusammenarbeiten, nämlich Mitglieder der schul-und theatergruppe nil des nikolaus-lenau-lyzeums, auch diese und weitere inszenierungen bleiben im spielplan." 

Von jeder dieser Inszenierungen erwartet sich Lucian Varsandan ein ganz besonderes Erlebnis und eine einmalige Erfahrung. Er hofft, dass sich die Zuschauer auf die Vielfalt an Themen und Darbietungen einlassen können und verspricht auch für die neue Spielzeit jede Menge unvergesslichen Theatergenuss. 

Weitere Informationen zur aktuellen Spielzeit erhalten Sie auf der Website des Deutschen Staatstheaters Temeswar.

09.23. Spielzeitvorschau DSTT  


 Johanna Kiesler, Temeswar, 23. September 2014
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