Funkhaus Fünfkirchen

Geschichte der Deutschen in Ungarn erschienen

"Die Deutschen waren immer ein Teil der ungarischen Geschichte"

Das Buch über die Geschichte der Deutschen in Ungarn, in Karpatenbecken ist erschienen. Es gab noch nie ein so umfassendes Werk, was diesen Teil der ungarischen Geschichte so ausführlich darstellt. Der erste Band beträgt 540 Seiten und schildert die Geschichte der Deutschen bis 1860. Autor ist der Historiker, Dr. Gerhard Seewann, Professor des Stiftungslehrstuhls für Deutsche Kultur und Geschichte in Ost-Mitteleuropa an der Fünfkrichner Universität.

FUNKFORUM: Herr Professor, wenn wir nur den Umfang nehmen, ist Ihr Buch ein riesiges Werk. Wie betrachten Sie es?


Gerhard Seewann: Der zweite Band wird auch nicht geringer ausfallen von dem Umfang her. Ich versuchte eine Art Handbuch mit einem Narrativ zu verbinden. Das Buch sollte das gesamte vorhandene Wissen über die Geschichte der Ungarndeutschen zusammenfassen. Das Werk soll auch die Quellen zusammenfassen, die in ungarischer, deutscher, rumänischer und süd- slawischen Sprachen erschienen sind. Das Widerspiegelt sich auch in der Biographie, allein die Biographie ist etwa 100 Seiten lang.

FUNKFORUM: In wie weit betrachten sie ihr Buch als ein Lebenswerk?

Gerhard Seewann: Es ist ein Lebenswerk. Ich beschäftige mich ja mit der Geschichte der Ungarndeutschen seit den 70-er Jahren. Ich habe damals ein Forschungsstipendium von der damaligen ungarischen Regierung bekommen. Es war damals noch typisch kommunistisch. Wenn ich in einem Archiv oder an eine Universität gegangen bin, hat man einen Brief vorher an dem Direktor geschrieben: „Jön egy bizonyos Seewann. Udvariasnak kell lenni, de semmit nem szabad neki megmutatni.“ (lacht) Aber trotzdem habe ich viel Hilfe erfahren können. Dieses Buch ist ohne diese lang andauernde Vorarbeit gar nicht denkbar. Die Forschungen, Studien, die ich gemacht und geschrieben habe, habe ich ins Buch eingearbeitet. So ist es tatsächlich ein Lebenswerk.

FUNKFORUM: Es ist schwer so ein Buch zusammeFunkforumufassen. Wie könnte aber die Aussage lauten, die man von diesem Werk ziehen kann?

Gerhard Seewann: Erstens sagt es aus, dass Ungarn immer ein Vielvölkerland war. Die StaatskoFunkforumeption von Stephan I., die multiethnische StaatskoFunkforumeption 800 Jahre lang erfolgreich war. Die NationalstaatskoFunkforumeption besteht nicht einmal seit 100 Jahren. Die Folgerung habe ich erst gezogen, nach dem ich mit dem Schreiben fertig war. Es gibt fantastisch, gute Traditionen, die in diesem Land lebendig geblieben sind und es gibt vieles, was in den letzten 150 Jahren zerstört wurde. Das ist Schade. Denn dieses Land war reich durch diese vielen Völker und durch die Deutschen, die hier gelebt haben. Die Deutschen waren immer ein Teil der ungarischen Geschichte seit Stephan I. Und sie sind es auch geblieben bis zu ihrer Vertreibung!  Doch wenn man so will, sie sind es auch heute, denn es gab nach dem 2. Weltkrieg genug Deutsche, die dieses Land wieder aufgebaut haben. Die Deutschen spielten immer bei dem Aufbau, bei der Verwestlichung des Landes eine Rolle. Schon im Mittelalter haben die Deutschen moderne Technik, moderne Kultur mit sich gebracht. Heute würde man sagen sie waren ein humanes Kapital. Ohne dieses Kapital wäre der Wiederaufbau des Landes nach dem Tatarensturm und nach der Osmanenherrschaft nicht denkbar.

FUNKFORUM: Für wen ist das Buch gedacht? Für die ungarische Geschichtsforschung, die oft die Nationalitäten ignoriert; oder für die deutsche, die wenig über die Deutschen im Osten weiß?

Gerhard Seewann: Im Grunde haben sie schon aufgezählt (lacht). Es ist auch für ein breites Publikum gedacht. Direkt für die Schulen ist es jedoch nicht gaFunkforum geeignet. Es sollen aber daraus auch zwei Schulbücher entstehen. Das Buch sollen die Interessierten lesen und diejenigen, die sich mit Geschichte beschäftigen. Ich habe auch eine Sprache benutzt, die allgemein verständlich ist. Es ist auch als ein Beitrag für die ungarische Geschichtsforschung gedacht, und es ist auch ein Werk, das ich den Ungarndeutschen widmen will.

FUNKFORUM: Herr Professor, vielen Dank für dieses Gespräch!

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 Christian Erdei, Fünfkirchen, 03.04.2012
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