Banater Zeitung

10. Heimattage der Banater Deutschen in Temeswar - Grußworte und Festansprachen

Unter einem Motto: "Gemeinsam in Wort und Tat"

Im Foto: Immer wieder eine Attraktion für die Temeswarer: Der farbenprächtige Aufmarsch der schwäbischen Trachtenpaare


Karl Singer leitet als DFDB-Vorsitzender schon seit zwei Jahrzehnten die Geschicke der Banater Deutschen.

Geehrte Gäste, liebe Landsleute, verehrte Damen und Herren, hochgeschätzte Freunde!
Vor 21 Jahren standen wir mitten in den Vorstellungen eines neuen Aufbruchs, in der Gestaltung einer Zukunft unserer deutschen Mitbürger, im Bestreben, ihr Wollen zu einer Gemeinsamkeit mittels einer sie vertretenden Einrichtung auszustatten.
Das war das Wort. Das war die Genesis des Neubeginns, der vorgezeichnete Weg zur Tat, zur Erstellung der für unsere Eigenständigkeit entscheidenden Bildungskräfte.
Heute sind wir voll Freude über unsere 10. Auflage der Heimattage der Banater Deutschen, wo wir ein feierliches Bekenntnis der Zugehörigkeit zu unserer deutschen Gemeinschaft, zu unserer Heimat, zu unserem Vaterland ablegen.
Wir tun dies mit der Überzeugung, einen gemeinschaftlichen Auftrag zu erfüllen, allen Mitbürgern aus dem Banat für unsere gemeinsame Zukunft eine Chance der besten Verwirklichung einer besseren Welt für alle zu sichern.
In diesem Sinn eröffne ich – gemeinsam mit Ihnen allen, liebe Freunde – die HEIMATTAGE 2011 DER DEUTSCHEN IM BANAT.
Karl Singer,
Vorsitzender des DFDB


DFDR-Vorsitzender Klaus Johannis: „Unsere deutsche Minderheit ist eine kleine, stark verstreute. Es gibt keine Ortschaften mit vielen Mitgliedern. Darum ist eine solche Veranstaltung besonders wichtig.“


Es wird mir heute eine sehr große Ehre zuteil, im Auftrag des Vorstandes des Banater Forums den Festvortrag halten zu dürfen. Für mich persönlich auch mit einem großen sentimentalen Wert verbunden, nämlich der Tatsache, dass ich als Vertreter der Rumäniendeutschen vor zehn Jahren meine Tätigkeit in Bukarest begonnen habe: Als Unterstaatssekretär und danach als nationaler und Europaabgeordneter des DFDR. Ich möchte den heutigen Auftrag erfüllen, indem ich Ihnen eine ganz persönliche Deutung des Mottos unterbreite, eben aus der Perspektive eines Forumspolitikers.
Wir feiern die Heimattage der Banater Deutschen, eine ethnische Gemeinschaft, die, wie jede andere, aus Individuen besteht, die sich zu gemeinsamen Wurzeln, Sprache und Kultur bekennen. Diese Grundlage unserer Gemeinschaft ist meine erste Deutung unseres Mottos. Im heutigen Rumänien, Mitglied der Europäischen Union, garantiert die Verfassung jedem Bürger das Recht auf Bewahrung und Pflege seiner ethnischen Identität, unter allen Aspekten. Es hat Zeiten in Rumänien gegeben, als dies keine Selbstverständlichkeit war und man Nachteile befürchten musste, wenn man sich zu seinem Deutschtum bekannt hat. Die Deportation im Januar 1945 war ein solcher trauriger Moment. Um so mehr ist dieses Bekennen heute unsere Pflicht, sowohl bei der bevorstehenden Volkszählung als auch sonst im alltäglichen Leben.
Anfang der 90-er-Jahre, nach der Gründung des DFDR, gab es einen großen „Ansturm“ von Leuten, die sich als Deutsche erklärten, Forumsmitglieder wurden und sich dabei vor allem materielle Vorteile beziehungsweise ein deutsches Visum versprachen. Das Phänomen ist vorbei und wir sind in der Lage festzustellen, wer sich tatsächlich als Deutscher fühlt und auch bereit ist in der Gemeinschaft mitzuhelfen und sich für diese einzusetzen. Das wäre die zweite Deutung des Wortes „gemeinsam“, nämlich die Zugehörigkeit und das Mitwirken in den Orts- und Kreisforen wie auch im DFDB/DFDR.
Ein sehr lieber Freund, Prof. Dr. Vasile Dâncu, schrieb über meinen Einsatz als Forumspolitiker, indem er dieses Engagement eines Intellektuellen für seine Mitbürger mit dem Verlassen Kastaliens und dem Wirken Josef Knechts in der normalen Welt verglich. Diese Parallele zu Hermann Hesses „Glasperlenspiel“ gilt für jeden, der das „Philosophieren und Theoretisieren“ zugunsten des Handelns im Sinne seiner Gemeinschaft aufgibt. Da er mich sehr gut kennt, hat er meine Auffassung betreffend Politik richtig dargestellt.
„Gemeinsam in Wort und Tat“ bedeutet auch, dass alle Banater Deutschen, egal wo sie ihren Wohnsitz haben, ihre Identität nicht vergessen und zusammen ihr Bestes zum Wohle ihrer Gemeinschaft tun. Dabei gibt es aus meiner Sicht kein „Hier“ und „Drüben“, kein „Oben“ und „Unten“ und keinen Versuch zu differenzieren beziehungsweise über die Entscheidung jedes Einzelnen betreffend Auswandern oder nicht zu urteilen. Ich bin jedem dankbar - und wir sollten es alle sein – der sich in dieser Hinsicht engagiert. Wir haben nach der Wende ein neues „Gemeinsam“ entdeckt und initiiert, nämlich jenes aller Rumäniendeutschen. Wir sollten den Gründungsvätern des DFDR für ihre Entscheidung unsere Anerkennung aussprechen. Sie überbrückten dadurch Jahrhunderte einer eher parallelen Existenz und Entwicklung deutscher Bevölkerungsgruppen in Rumänien. Abgesehen von einer traurigen Zeit, in der leider auch manche Rumäniendeutsche von den nationalsozialistischen Ideen infiziert wurden, gab es wenige Situationen, in denen eine gemeinsame Vertretung ihrer Interessen praktiziert wurde. Nur das Leid in den sowjetischen Arbeitslagern und das miserable Leben im Kommunismus waren gemeinsame Merkmale aller Deutschen Rumäniens.
Die neue Konstruktion, das DFDR, als politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Vertretung unserer Interessen wurde immer besser, sowohl in ihrer Kohäsion als auch in ihrer Außenwirkung. Sie hat nicht nur die letzten 20 Jahre überlebt, sondern ist fast der einzige demokratische Verband einer ethnischen Gemeinschaft, der seine Ziele konsequent verfolgt und erreicht hat, ohne dass es Abspaltungen oder sogar Parallelorganisationen gegeben hat.
Aus meiner Sicht ist dieser Gemeinschaftssinn, der entstanden ist, vor allem den Regionalforumsvorsitzenden zu verdanken. Dabei spielt unser Vorsitzender, Dr. Karl Singer, seit über 20 Jahren eine herausragende Rolle.
Der Katalysator dieser positiven Energien ist seit 2002 unser Landesvorsitzende, Klaus Werner Johannis, ein Siebenbürger Sachse, der nicht nur die Wichtigkeit dieses Prinzips erkannt hat, sondern es immer wieder versteht, unterschiedliche Prioritäten, Interessen oder Meinungen zu harmonisieren und wie keiner vor ihm eine Konsenspolitik innerhalb des Forums umgesetzt hat. Es ist mir keine Situation bekannt, in der er den Banater-, Sathmar-, Buchenland- oder Altreichdeutschen gegenüber nicht hilfreich und entgegenkommend gehandelt hätte. An dieser Stelle sei dir dafür gedankt, lieber Klaus.
Unser heutiges Motto hat auch eine andere Relevanz, nämlich das „Gemeinsam“ mit den Rumänen und den anderen nationalen Minderheiten, die hierzulande leben. Das Banater Forum wie auch das DFDR haben nie eine Politik der Enklavisierung, der Abgrenzung und des Separatismus geführt. Ganz im Gegenteil, die meisten Aktivitäten, egal ob Politik, Bildung, Wirtschaft, Sozialwesen oder Kultur, sind sehr vielen Nichtdeutschen zugute gekommen. Gemeinsam mit ihnen haben wir Rumänien nach der Wende von Diktatur und Planwirtschaft auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft umgestellt. Diese gemeinsamen Bemühungen hatten als Ergebnis die EU- und NATO-Mitgliedschaft unseres Landes, sodass unsere Gesellschaft wieder den Anschluss an die abendländische Zivilisation gefunden hat. Von der de jure Mitgliedschaft bis zum de facto Status muss noch sehr viel geschehen. Die Aufgaben sind aber nur gemeinsam zu bewältigen, wobei es beispielhaft ist, dass gerade das multiethnische, multikulturelle und multikonfesionelle Banat eine Vorreiterrolle in der Entwicklung Rumäniens einnimmt. Wir dürfen auch die Tatsache nicht ignorieren und würdigen es auch dementsprechend, dass der rumänische Staat in der Frage der nationalen Minderheiten eine Erfolgsgeschichte nach 1989 verzeichnen kann und uns seine Unterstützung bietet, damit wir unsere Identität aus allen Gesichtspunkten entfalten können.
Über „Gemeinsam in Wort und Tat“ können wir auch in der Beziehung zu den Europäern aus dem deutschsprachigen Raum sprechen. Vor allem die Bundesrepublik Deutschland, ihre Bürgerinnen und Bürger, haben Rumänien und uns Deutschen stets geholfen. Gemeinsam mit unseren bundesdeutschen Freunden haben wir aufgrund der selbst auferlegten Brückenfunktion entscheidend dazu beigetragen, dass Deutschland heute der wichtigste Handelspartner und einer der wichtigsten Investoren in Rumänien ist und die bilateralen Beziehungen exzellent sind.
Gemeinsam mit uns und stets für uns handelten wichtige politische Persönlichkeiten aus Deutschland. Heute und hier erfreuen wir uns der hohen Ehre als Gast der Heimattage Frau Dr. h.c. Susanne Kastner, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags a.D., und amtierende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses zu begrüßen. Dies erlaubt mir, Ihnen verehrte Frau Kastner, liebe Susanne, unseren herzlichsten Dank auszusprechen.
Das war meine Interpretation des Mottos, ist aber auch mein politisches Credo diesbezüglich.
Ovidiu Gant,
Abgeordneter des DFDR


Lieber Ovidiu Gant,
sehr geehrter Herr Singer,
sehr geehrte Banater Schwaben,
verehrte Gäste,
10 Jahre Heimattage der Banater Deutschen – das ist ein Grund zum Feiern. Also erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum.
Als Vorsitzende der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag und langjährige Freundin Rumäniens bin ich gerne Ihrer Einladung nach Temeswar gefolgt. Wenn Jahr für Jahr aufs Neue zahlreiche Heimatgruppen und Verbände ihren Weg hierher finden, dann ist das schon etwas ganz besonderes. Die Heimattage zeigen, dass die Banater Deutschen ihre Tradition pflegen und diese zu leben wissen. Die Pflege der alten Traditionen war und ist allerdings niemals eine leichte Aufgabe. Sprachwissenschaftler schätzen, dass weltweit von den über 6000 Sprachen noch vor Ablauf dieses Jahrhunderts 90 Prozent wahrscheinlich ausgestorben sein werden. Wenn die Sprachen verschwinden, verlieren wir auch die mündlichen Überlieferungen, weil viele Sprachen nicht niedergeschrieben sind. Das bedeutet den Verlust eines einzigartigen kulturellen Welterbes.
Sehr geehrte Damen und Herren, für die Pflege der Tradition ist eines besonders wichtig: Die Weitergabe an jüngere Generationen. Das gilt für alle kulturellen Bereiche: die schönen Trachten, aber auch Literatur, Musik und Tanz. Erst vor wenigen Wochen durfte ich wieder eine Jugendtanzgruppe in der Bundeshauptstadt begrüßen. Mit ihren folkloristischen Tanzvorführungen haben die jungen Leute dem Parlamentarischen Abend in der rumänischen Botschaft in Berlin den würdigen Rahmen verliehen.
Ein Blick in die Gesichter der Tänzerinnen und Tänzern genügte, um zu erkennen, mit welch großem Spaß und Elan sie bei der Sache sind. Eine Begeisterung, die wahrlich ansteckt! Diese Begeisterung werden wir auch dieses Wochenende bei den verschiedenen Darbietungen und Veranstaltungen erleben dürfen. Der Heimattag bietet etwas für jedes Interesse und für jeden Geschmack. Der 10. Heimattag der Banater Deutschen zeigt, wie lebendig Ihre alten Traditionen sind, wie sie gepflegt werden und weitergegeben werden. Alt und Jung erfreuen sich hier gleichermaßen an der Pflege des kulturellen Erbes. Schon Johann Wolfgang von Goethe hatte dazu Wichtiges zu sagen. Ich zitiere: „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ Zitat Ende.Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle benötigen starke Wurzeln, um in stürmischen Zeiten fest stehen zu bleiben. Diese Erdung und diese Gewissheit, fest verankert zu sein, gibt einem Stärke und die notwendige Gelassenheit. Wir brauchen aber auch Flügel, um nicht im Stillstand zu verharren. Um Neues zu finden und auszuprobieren. Die bewegte Geschichte der Banater Schwaben zeigt, dass Sie wahrhaftig stürmische Zeiten erlebt haben. Trotz aller Probleme und Herausforderungen haben Sie diese gemeinsam überwunden.
Verehrte Gäste, der Heimattag und die verschiedenen Veranstaltungen an diesem Wochenende zeigen, dass Sie beides haben: Wurzeln und Flügel.
Ihre Traditionen sind in Ihrer Mitte fest verwurzelt, sie werden aber auch an die jüngeren Generationen weitergegeben. Die Bewahrung der Tradition ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit und schon gar kein Selbstläufer. Gerade in Anbetracht des demografischen Wandels muss man sich mit Herzblut und Hingabe darum kümmern, dass die althergebrachten Traditionen nicht in Vergessenheit geraten und langsam verblassen. Bei der letzten Volkszählung im Frühjahr 2002 bekannten sich nur noch knapp über 60.000 Einwohner Rumäniens zu ihrer deutschen Nationalität. Den verbleibenden Deutschen in Rumänien kommt damit eine wichtige Brückenfunktion zu. Sie sind ein verbindendes Glied zwischen Deutschland und Rumänien. Die Bundesregierung unterstützt die deutsche Minderheit dabei konsequent auf kulturellem, wirtschaftlichem und bildungspolitischem Gebiet. Dies zeigt sich an den deutschsprachigen Kindergärten und den deutschen Schulen. An Universitäten sind deutschsprachige Studiengänge ebenfalls fest etabliert. Die rumänische Medienlandschaft wird um deutsche Tageszeitungen bereichert – eine davon beziehe ich sogar in meinem Berliner Büro. Und schließlich gibt es deutsche Kulturstätten und natürlich das deutsche Staatstheater, auf dass wir hier in Temeswar zu Recht stolz sein können. Die deutsche Minderheit ist aber auch im politischen Bereich sehr aktiv. Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien fungiert mit fünf Regionalforen und verschiedenen dezentralen Einrichtungen als starke Interessenvertretung. Wer hätte vor einigen Jahren damit gerechnet, dass das Forum bei verschiedenen Regionalwahlen derartige Erfolge einfahren würde? Und sogar im rumänischen Parlament ist die deutsche Minderheit mit einem Sitz vertreten, um die Interessen der Deutschen zu vertreten. Dieses friedliche und freundschaftliche Miteinander ist zweifelsohne ein Aushängeschild für Europa.
Sehr verehrte Gäste, als langjährige Beobachterin und Freundin Rumäniens muss ich an dieser Stelle auch einige kritische Worte über Rumänien verlieren. Ausführungen zur systemimmanenten Korruption oder die aktuelle Diskussion über den Beitritt in den Schengenraum würden den heutigen Rahmen sprengen. Doch gerade der soziale Bereich in Rumänien bereitet mir große Sorgen. Viele soziale Einrichtungen, ob Kinderhäuser oder Altenheime, ob Sozialstationen oder Hospize, sie alle müssen kämpfen, um ihre berechtigten Forderungen durchsetzen zu können.
Sehr geehrte Damen und Herren, im sozialen Bereich dürfen wir die rumänische Regierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen! Es kann nicht sein, dass der deutsche Staat und deutsche Vereine einen großen Teil des sozialen Bereichs in Rumänien am Leben erhält und dass einem von rumänischer Seite dann auch noch Steine in den Weg gelegt werden! Das gilt für mein Kinderhaus in Lipova genauso wie für das hiesige Adam-Müller-Guttenbrunn Altenheim!
Aus diesem Grund habe ich den Dachverband zur Unterstützung von Kindern, Alten und Personen in Not gegründet. Mit diesem Dachverband wollen wir unter anderem verlässliche Förderstrukturen erreichen und verbindliche Standards für NGO´s und staatliche Einrichtungen im sozialen Bereich durchsetzen. Im sozialen Bereich gibt es noch vieles zu tun. Wir werden aber nicht müde, unsere Forderungen mit Nachdruck vorzubringen.
Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem ich am vergangenen Wochenende bereits in Dinkelsbühl dem Heimattag der Siebenbürger Sachsen beiwohnen durfte, freue ich mich, an diesem Wochenende die vielfältige und lebendige Tradition und Kultur der Banater Deutschen hier in Temeswar erleben zu dürfen. Ich wünsche Ihnen einen guten Verlauf der Heimattage, bei denen sie alte Freundschaften pflegen und interessante neue Begegnungen machen können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. h.c. Susanne Kastner
Vorsitzende der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag


Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte gestatten Sie mir, dass ich
Sie ganz herzlich als LIEBE FESTGEMEINDE im noblen Saal der Rumänischen Nationaloper Temeswar willkommen heiße!
Ich freue mich sehr, im zweiten Jahr meiner Amtszeit als deutscher Konsul in Temeswar nun endlich auch die Heimattage der Banater Deutschen erleben zu dürfen – die wichtigste öffentliche Veranstaltung der deutschen Minderheit aus dem Banat...
Es ist wahr: kein Begriff, kein Phänomen, kein Konzept hat mich von Anbeginn meiner Tätigkeit in Temeswar so oft eingeholt, so beschäftigt und so fasziniert wie das Thema „Heimat“. Meinem Vorgänger im Amt des deutschen Konsuls ist es wohl ähnlich ergangen – er hat nämlich, unterstützt durch engagierte Partnerinnen und Partner, eine sehr gelungene Broschüre zu diesem Thema herausgegeben, deren allerletztes Exemplar ich hier in Händen halte. Wir sollten wohl an eine Neuauflage oder gar an eine Fortschreibung dieser schönen Publikation denken, denn die Aktualität der Thematik hält ungebrochen an.
Ich war es jedenfalls nicht gewohnt, immer wieder gefragt zu werden, wo denn MEINE Heimat sei. Als in Kassel geborener Sohn einer Ostpreußin und eines Flensburgers, der in Köln aufwuchs und seit dem 19. Lebensjahr im Schnitt alle ein bis fünf Jahre mit Sack und Pack von einem Land ins nächste umgezogen ist und der bis heute nirgends eine Wohnung oder gar ein Haus besitzt fällt es mir schwer, spontan zu definieren, wo genau meine Heimat ist. Gerne gestehe ich Ihnen aber – unter Zeugen, und davon sind hier ja genügend anwesend – daß ich mich heute, glücklich verheiratet mit einer wunderbaren Temeswarerin, hier im Banat, hier bei Ihnen zu Hause - und heimatlich fühle. Das verdanke ich auch der herzlichen Aufnahme durch Sie alle – da ist uns gemeinsam eine hervorragende Integrationsleistung gelungen!!!
Eine hervorragende Integrationsleistung (aktiv wie passiv) haben aber auch diejenigen Banater Deutschen hinter sich, die nach den Umwälzungen der Revolution von 1989 Rumänien verlassen haben und sich in Deutschland niederließen – in der Heimat ihrer Ahnen, die sich vor gut 300 Jahren in Richtung Banat aufgemacht hatten. Die nun also Rück-Ausgewanderten hatten je für sich ganz bestimmt gute Gründe, so entschieden zu haben – genauso wie ich großen Respekt vor den guten Gründen derjenigen empfinde, die sich gegen die Ausreiseeoption entschieden haben und bis heute in Rumänien geblieben sind.
Immer wieder haben in der jüngeren Vergangenheit rumänische Politiker betont, daß sie die Abwanderung eines großen Teils der deutschen Minderheit als schmerzlichen Verlust für die rumänische Gesellschaft empfinden und es aufrichtig bedauern.
Umso schöner daher, daß die Ausgereisten gerne und regelmäßig zurückkehren, wie jetzt zu den HEIMATTAGEN, und so ein wunderbares Bindeglied zwischen den Gesellschaften der Partner in der Europäischen Union Deutschland und Rumänien sind – genauso wie gewissermaßen spiegelbildlich die Hiergebliebenen.
Glauben Sie mir, ich kann Sie alle so gut verstehen – diejenigen unter Ihnen, die weiterhin im Banat leben und dennoch immer wieder nach Ulm pilgern – und diejenigen unter Ihnen, die längst eine neue Heimat in Deutschland gefunden haben und dennoch immer wieder der Sehnsucht nachgeben und ins Banat, nach Temeswar kommen. Ich täte es genau so wie Sie!
Genießen Sie diese wunderbaren Tage, bleiben Sie Gott befohlen und der Heimat, wo immer sie sei, verbunden!
Klaus Christian Olasz,
Deutscher Konsul in Temeswar


Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren,
Zuerst möchte ich Ihnen die Grüße von Botschafter Andreas von Mettenheim übermitteln, der es sehr bedauert, an den Heimattagen der Banater Deutschen nicht teilnehmen zu können.
Ich freue mich sehr, heute mit Ihnen hier sein zu können, gerade auch wegen meines persönlichen Hintergrundes, den einige von Ihnen bereits kennen. Denn dem Studium der rumänischen Geschichte und insbesondere der deutschen Minderheit in Rumänien gilt seit Jahren mein besonderes Interesse.
Die Gelegenheit, in das Banat zu reisen, hatte ich jedoch leider noch nicht so oft. Wenn man ins Banat kommt, dann fühlt und sieht man, dass vier Hauptstädte in Europa näher am Banat liegen als Bukarest. Ich kann dies dank meiner Anreise mit dem Auto aus Bukarest aus eigener Erfahrung bestätigen!
Historisch gilt für das Banat bis in die Gegenwart: die Multikulturalität, das „e pluribus unum“. Hier wird, wie auch auf Ihrem Fest, Vielfalt gelebt.
Das Banat hatte stets eine Brückenfunktion in der Region, zwischen Sprachen und Kulturen. Insbesondere der Deutschen Minderheit im Banat kommt hierbei eine sehr wichtige Rolle zu: sie agiert als Katalysator mit interkultureller Kompetenz zwischen Ländern und Kulturen, speziell natürlich zwischen Deutschland und Rumänien.
Heute leben und erleben wir alle ein zusammengewachsenes und multiethnisches Europa, etwas, was die deutsche Minderheit seit Jahrhunderten hier im Banat vorlebt. Sie erbringt den Beweis, dass Vielsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz Distanzen zwischen Menschen und somit auch zwischen Ländern und Kulturen, – auch nach Bukarest hin – verkürzen können.
Das friedliche Zusammenleben der Ethnien im Banat – und in ihrer Mitte der Deutschen des Banats – ist vorbildlich und fällt in Rumänien auf dankbaren und fruchtbaren Boden.
Es sollte nicht vergessen werden, das dies auch vom rumänischen Staat beispielhaft unterstützt wird. Nicht umsonst war der erste EU-Kommissar Rumäniens für Vielsprachigkeit zuständig.
Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich für die Einladung bedanken und wünschen allen Beteiligten einen guten Verlauf der Veranstaltungen!
Josef Christoph Karl,
Erster Sekretär der Deutschen Botschaft in Bukarest


Sehr geehrte Gäste,
liebe Landsleute!
Im Jahre 1990 raste über unsere Heimat ein gewaltiger Auswanderungssturm, der die meisten schwäbischen Dorfgemeinschaften fast zur Gänze zerstörte. Sie wurden zu Zugvögeln und bauten sich ihre Nester in der sicheren Bundesrepublik neu auf...
Wir verfielen nicht in Depression, sondern handelten wie Rose Kennedy, die Mutter des berühmten amerikanischen Präsidenten. Die tiefgläubige Katholikin antwortete darauf: „Gott will nicht, dass wir traurig seien. Er will, wir sollen fröhlich sein! Denn Vögel singen nach dem Sturm! Warum sollen wir das nicht auch tun?“
So haben auch wir, die zurückgebliebenen Heimatvögel, gehandelt. Wir stimmten keine Klagelieder an wie der Prophet Jeremias über den Untergang Jerusalems. Wir gründeten das Deutsche Forum als Zufluchtsund Hoffnungsstätte für die Hiergebliebenen. Um sie in ihrer Sesshaftigkeit zu bestärken, wurde der Wirtschaftshilfsverein „Banatia“ gegründet, den Herr Horst Martin leitet. Im Forum bildeten sich Gruppen für die verschiedensten Bereiche: Die Jugendgruppen, wie die Rosmareiner oder die Enziangruppe im Bergland; die Bildungsvereine der Volksuni in Temeswar und der Bildungsverein für Erwachsene in Reschitz; Tanzgruppen und Chöre; Wandergruppen, die nur „Wandervögel“ aber keine „Zugvögel“ sind; die Stafette für die Literaturfreunde. Hier können sie ihre literarischen Pegasusflügel zur Entfaltung bringen. Für die hilflosen Alten entstanden die Altenheime in Temeswar, Bakowa und Sanktanna und die Sozialstationen in Billed und Großsanktnikolaus, die von Helmut Weinschrott so großartig umsorgt werden. Und nicht zuletzt wurde der Verein der ehemaligen Russlanddeportierten gegründet. Seit 21 Jahren greift er diesen von Leid Gezeichneten kräftig unter die Arme.
Wir haben deutsche Schulen, ein deutsches Theater, deutsche Zeitung, deutsches Radio, ein deutschesKonsulat, dasunshilft, wo es nur kann.
Seit der Einwanderung der Banater Schvaben wird in den Kirchen ununterbrochen deutsch gebetet, deutsch gesungenundindeutscherSprachedas Wort Gottes verkündet.
Ja, unsere Stimme ist auch in Bukarest zu hören. Unser Abgeordneter Ovidiu Gant singt kräftige Melodien in die Ohren der Parlamentarier, der Senatoren und der Minister. Unsere Stimme wird sogar im deutschen Bundestag gehört. Frau Kastner, die jetzt mit uns feiert, hat im Bundestag ein gewichtiges Wort. Und was noch wichtiger ist, sie hat uns Banater Schwaben in ihr Herz geschlossen.
Heute und vor allem morgen zeigen wir der Öffentlichkeit in Temeswar, dass wir noch da sind und da bleiben wollen. Aus Deutschland ist eine zahlreiche Gruppe von Zugvögeln zu uns, den Heimatvögeln, gekommen, um mit uns gemeinsam zu feiern. Heimatvögel und Zugvögel feiern zusammen. Da wird doch das Frühlingslied Wirklichkeit: „Alle Vögel sind schon da!“ Gebe Gott, dass wir Heimatvögel in unseren Nestern noch lange fröhlich zwitschern und singen können!
Ignaz Bernhard Fischer,
Vorsitzender des Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten

 Redaktion: Werner Kremm und Balthasar Waitz, Fotos: Zoltán Pázmány, BZ 29.03.2011
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